Ohrringe
Auf alten Darstellungen von Seeleuten sieht man immer, dass diese einen mehr oder weniger großen Ohrring trugen.
Der Grund dafür: Ein Seemann hatte (meist wegen der sehr geringen Heuer) kaum Gelegenheit, irgendwelche finanziellen Rücklagen zu bilden. Wenn doch, so trug er diese niemals als Bargeld bei sich. Eine Aunahme bildete lediglich der kurze Zeitraum zwischen Auszahlung der Heuer und der nächsten Gelegenheit, das Geld wieder auszugeben. Möglichkeiten dazu gab es ja im Hafen genug.
Ein kluger Seemann ergänzte zuerst seine Kleidung und Ausrüstung und ging erst danach in eine Hafenkneipe.
Sollte einem Seemann etwas zustoßen, etwa, dass er starb, so nahm man seinen Ohrring und bezahlte mit dem Verkaufserlös ein anständiges Begräbnis.
Schiffstaufe
Gute Seefahrtstradition verlangt, ein Schiff vor dem Stapellauf zu taufen. Die Namen der Schiffe sind üblicherweise weiblich, nur in Ausnahmefällen männlich oder einer Gottheit mit Wasserbezug (z.B. Neptun) gewidmet. Ein Schiff nicht zu taufen bedeutet dem Aberglauben nach großes Unglück. Die Titanic ging ungetauft auf ihre Jungfernfahrt – mit den bekannten Folgen.
Die gesamte Schiffstaufe folgte immer bestimmten Ritualen, deren Nichteinhaltung große Schwierigkeiten erwarten ließ. Es gibt darüber in der Literatur sehr viele Geschichten zu lesen. Viele dieser Erwartungen gründeten auf dem starken Aberglauben der Seeleute, aber bekanntermaßen folgen ja viele Geschehnisse den Erwartungen. Warum also nicht einen Talisman mit auf die Reise nehmen?
Augenklappen
Entgegen der landläufigen Meinung wurden Augenklappen auch zur Überdeckung von gesunden Augen benutzt. Da auf einem Schiff oft gravierende Helligkeitsunterschiede, zwischen den Lichtverhältnissen an Deck, in der prallen Sonne und den dunklen, kaum beleuchteten Räumen unter Deck herrschten, trugen früher viele Seeleute Augenklappen, um vor allem in kritischen Situationen sich die ansonsten recht lange Wartezeit zu sparen, bis sich das Auge an die Dunkelheit gewöhnt hatte. Allerdings erblindeten früher viele Seeleute auf einem Auge durch den Gebrauch des Jakobsstabs, mit dem man die Sonne anvisieren muss, weshalb wohl so mancher seine Augenklappe über einem wirklich erblindeten Auge trug
Seemannssonntag
Der Seemannssonntag ist der Donnerstag, an dem es ein sehr gutes Essen (für Seemannsverhältnisse) gibt und meistens auch einen Pudding oder Kuchen am Nachmittag.
Grog
Seit dem 17. Jahrhundert bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wurde auf den Schiffen Rum (seltener Arrak) als Proviant an die Mannschaft ausge-geben. Disziplinlosigkeit und Trunkenheit waren nicht selten die Folge. (Siehe den Liedtext „What Shall We Do With the Drunken Sailor“. Eine betrunkene Mannschaft konnte die Entscheidung über Wohl und Wehe eines ganzen Schiffes bedeuten.
Ab 1740 ließ daher der englische Vize-Admiral Edward Vernon (1684–1757) seine Matrosen den Rum nur noch mit Wasser verdünnt trinken. Später wurde das Getränk auch mit Zucker und Limettensaft versetzt. So wirkte das Getränk gegen den auf langen Törns weit verbreiteten Skorbut, und ohne Rum hätten viele den Zitronen- bzw. Limettensaft nicht getrunken. International hatten darauf hin die englischen Seeleute schnell den Spitznamen „Limejuice sailor“ oder „Limey“ weg.
Vernons Spitzname war „Old Grog“, da er meist einen warmen Umhang aus Grogram trug, einem groben Stoff aus Seide und Wolle. Dieser Name wurde bald auf das neue Getränk übertragen. In dem kälteren Klima Groß-britanniens wurde der Grog dann heiß getrunken.
Der Begriff „groggy“ bezeichnete ursprünglich das Gefühl, wenn man zu viel Grog getrunken hat, und er wird heute auch genutzt, um einen erschöpften Zustand zu beschreiben.
Nelson’s Blood
Lord Nelson war als Adliger im Admiralsrang mit einigen besonderen Privilegien ausgestattet. So verfügte er, nach seinem Tod in seiner Heimaterde, also auf dem Kirchhof seines Heimatdorfes beerdigt zu werden.
Da er, wie bekannt, bei einer Seeschlacht fiel, und es damals ja noch keine Kühleinrichtungen gab, in denen man einen Leichnam konservieren konnte, steckte man den Körper in ein Rumfass und goss mit Rum auf, um ihn haltbar zu machen.
Da Seeleute nicht zimperlich und immer dem Alkohol zugeneigt sind, kamen sie bald auf den Gedanken, dass diese Art der Konservierung doch Verschwendung sei. Sie bohrten also das Fass an und entnahmen kleine Mengen der kostbaren Flüssigkeit. Auf die Frage, was sie da tränken antworteten sie: „Nelson’s Blood“.
In vielen Bars kann man „A Drop of Nelson’s Blood“ auch heute noch bestellen. Jeder anständige Barkeeper weiß, worum es geht…
Logis
Die Kapitänskajüte (in der Seemannssprache heißt es „Kammer“ des Kapitäns) liegt immer an Steuerbord, denn dies gilt als die „gute“ Seite. Auf den alten Schiffen früherer Zeiten, die noch mit einem außenbords angebrachten Ruder gesteuert wurden, befand sich dieses immer auf der in Fahrtrichtung rechts liegenden Seite – daher der Name „Steuerbord“. Der Steuermann als Rechtshänder konnte so das Steuerruder mit dem stärkeren rechten Arm bedienen
Die Offiziere hatten meist Schwingkojen, also oben offene Kisten, die an Seilen hingen. Die Mannschaften dagegen hatten für ihre Schlafplätze so wenig Raum zur Verfügung, dass sie sich meist nur Wache um Wache wechselseitig in einer Hängematte hinlegen konnten. Für diese Hänge-matten standen meist nicht mehr als ca. 40-45 cm Breite zur Ver-fügung. Die Arbeit an Bord war jedoch so anstrengend, dass die Seeleute trotzdem dort schlafen konnten – für heutige Verhältnisse undenkbar.
Zeiteinteilung auf See
Da es noch keine genau gehenden Uhren gab, behalf man sich mit einer Sanduhr, die alle halbe Stunde gewendet werden musste. Verantwortlich hierfür war der Wachhabende Seemann, der das Wenden der Uhr durch einen Schlag mit der Schiffsglocke verkündete. Diese Tätigkeit wurde „glasen“ genannt. Nach dem Wachwechsel mittags um 12 Uhr (8 Glasen) begann die Zählung neu. Weitere Wachwechsel waren dann nach jeweils wieder vier Stunden = 8 Glasen. Ein vorzeitiges Umdrehen des Stundenglases, etwa um die eigene Wachzeit zu verkürzen, galt als äußerst unsozial und zog eine Ächtung durch die Mannschaftskameraden nach sich.
Beim nächsten Anlaufen eines Hafens wurde mit den Uhren an Land wieder synchronisiert, um Ungenauigkeiten des Stundenglases auszugleichen.
Kommandos
Die Kommandos der Schiffsführung wurden an die Mannschaft durch Pfeifsignale mit der Bootsmannspfeife weiter gegeben. Diese hat einen sehr hohen, durchdringend hörbaren Ton, der selbst bei schwerem Wetter noch in der Takelage des Fockmastes zu hören ist. Heute spielt sie in den meisten Fällen nur noch bei zeremoniellen Anlässen oder auf Ausbildungsschiffen wie dem deutschen Segelschulschiff eine Rolle.
Äquatortaufe
Ein seemännisches Ritual, bei dem Mitglieder einer Besatzung, die zum ersten Mal den Äquator überfuhren, in derber Form getauft werden. Die Äquatortaufe hat ihren Ursprung aus der Zeit der Entdeckungsfahrten der Portugiesen, die beim Überschreiten des gefürchteten Äquators ihren Mut und ihre Gläubigkeit durch eine neue Taufe bekräftigen wollten. Von der Kugelgestalt der Erde waren noch nicht alle überzeugt, sondern man fürchtete, am Äquator in einen Abgrund zu stürzen.
Schiffsmodelle
Die Kunst, Schiffsmodelle in eine Flasche (Buddel) zu „zaubern“, ist recht alt. Wenn ein Seemann nicht mehr fahren konnte, so wurden Schiffsmodelle gebaut. Viele größere, fein ausgestaltete Modelle kann man in den Kirchen der nordeuropäischen Küstenregionen als so genannte „Votivschiffe“ bewundern. Diese wurden oft aus Dankbarkeit für Rettung aus höchster (See-)not gestiftet. Weitere (kleinere) Schiffe wurden in Flaschen eingebaut; man füllte so die langen Winterabende aus und verdiente ein paar Groschen hinzu. Allerdings sind die ältesten bekannten seemännischen Buddelschiffe sind nicht viel älter als hundert Jahre.
Mitbringsel
Seeleute brachten von ihren Reisen in den Tropen gern Vögel und andere exotische Tiere als Andenken mit. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich Papageien. Sie setzten in trister schmuddeliger Umgebung farbliche Akzente, lernten zur Belustigung der Seeleute sprechen und waren an Bord eines Schiffes leichter zu halten als Affen und andere Tiere. Außerdem blühte im London des 18. Jahrhunderts der Handel mit diesen Vögeln und sie erzielten gute Preise.