Seemannsgarn

 

Seemannsgarn (auch „Schiemannsgarn“)

 

   Die Takelage war auf den alten Seglern ein sehr wertvolles Gut. Sie machte einen großen Teil des Wertes eines Schiffes aus, unterlag aber auch einem hohen Verschleiß durch die Einwirkung von salziger Luft, Sonnenlicht und mechanischer Beanspruchung.

   So war es nur zu wichtig, den Verschleiß so lange wie möglich hinauszuzögern. Man suchte also nach Wegen, das Material zu verstärken, in dem man es mit einer Schutzschicht versah.

   Gerissene und verschlissene Tau- und Seilenden wurden nicht weggeworfen, sondern gesammelt. Zu Zeiten, in denen z.B. wegen Flaute nicht viel zu tun war, wurden diese Taue in armlange Stücke zerhackt und die Seeleute mussten dieses Material zerfasern und aus den Fetzen ein neues Garn von ungefähr der Stärke eines dicken Bindfadens drehen. Dieses musste keinen großen Zug aushalten, sondern es wurde mit Teer getränkt und dann wurden damit die Seile der Takelage umwickelt. Alles wurde dann nochmals mit Lackfarbe angestrichen. So bekam die Takelage eine Schutzschicht, die sie sehr widerstandsfähig gegen die oben genannten Beanspruchungen machte.

   Auch der Schiffszimmermann hatte eine Verwendung für teergetränktes Garn: Er benutzte es, um Spalten zwischen der Beplankung zu stopfen, durch die von außen Wasser in das Schiff dringen konnte. Dazu benutzte er einen Hammer und ein Kalfateisen, ein Werkzeug, das einem überbreiten, halbmondförmigen Meißel glich, und schlug damit das Garn in den Spalt. Diese Arbeit hieß „kalfatern“ oder „kalfaten“.

 

   Die Arbeit des Garnspinnens war sehr eintönig und auch unbeliebt, weil die harten schwieligen Hände der Seeleute mit dieser Arbeit nicht gut zurechtkamen. Die Matrosen verkürzten sich die langweilige Zeit mit dem Erzählen von Geschichten, die oft einen sehr unwahrscheinlichen und spannenden Inhalt hatten. Der Wahrheitsgehalt stand auch nicht gerade im Vordergrund, sondern die Unterhaltsamkeit war viel wichtiger.
Manchmal wurde auch (bei kleinen Vergehen) ein Seemann dadurch bestraft, dass er (natürlich in seiner Freizeit) alleine eine gewisse Länge Garn spinnen musste.

   Wenn ein Matrose gut erzählen konnte, war er bei seinen Kameraden sehr beliebt und konnte auf der sozialen Leiter aufsteigen. Auch die Schiffsführung sah dies sehr gerne, weil die Matrosen natürlich dann besser arbeiteten, als eine übel gelaunte Mannschaft.

   Zurück an Land, wurden die besten Geschichten einem staunenden Publikum vor Allem in den Kneipen erzählt, und so mancher Seemann konnte sich damit in Zeiten der Arbeitslosigkeit oder wenn er zu alt war, um zur See zu fahren, ein gutes Zubrot verdienen.

   Gut ausgeschmückt erzählte Abenteuergeschichten dienten aber auch dazu, im Hafen neue Besatzungsmitglieder unter jungen, unerfahrenen Männern zu rekrutieren.

 

 

Seeungeheuer

   Seit alter Zeit wird von Seeungeheuern berichtet. Schon im Talmud wird vom Leviathan erzählt, einem von Gott erschaffenen Tiefseewesen, das die Menschen als Gegenspieler Gottes strafen und plagen soll.
Viele bildliche Darstellungen des Leviathan ähneln einem Mischwesen aus Schlange, Drache und Krokodil.

 

 

   Auch von Seeschlangen wird erzählt.    Vorbilder hierfür könnte etwa der Riemenfisch sein, mit einem bis zu acht Meter langen Körper, einem pferdeähnlichen Kopf und einem Kamm, der an eine Mähne erinnert. Dieser Fisch lebt in der Tiefsee, wird aber manchmal sterbend an Land gespült.

 

 

   Sehr beliebt beim Spinnen von Seemannsgarn waren riesige Kraken, die angeblich ganze Schiffe in die Tiefe reißen,oder zumindest mit ihren Tentakeln einzelne Menschen von Bord greifen konnten,    Heute weiß man von Architeuthis, einem Riesenkalmar (kein Krake), der eine Gesamtlänge von ca. 10 Meter erreichen kann. Dies ist der größte bekannte Kopffüßer.

   Bei allen Erzählungen wurden die Ungeheuer von Mal zu Mal ungeheuerlicher und bald füllte ein ganzer Zoo die „ganz bestimmt selbst erlebten“ Ausführungen der Seeleute.

 

Monsterwellen

   Monsterwellen, auch Kaventsmänner genannt, galten über viele Jahrhunderte hinweg als Seemannsgarn. Es sollte sich um bis zu 40 m hohe Wellen handeln, die wie aus dem Nichts auftauchen und durch ihre Wucht und schiere Höhe auch große Schiffe zerschmettern und in die Tiefe reißen können.     Heute ist bekannt, dass es diese Wellen tatsächlich gibt und durch Satellitenbilder und Augenzeugenberichte (z.B. auf Ölbohrplattformen) sind diese auch belegt. Sie können auf allen Weltmeeren und auch in Randmeeren wie der Nordsee auftreten.

 

Die Inseln der Seligen

   sind ein Begriff, der schon in der alten griechischen Mythologie auftaucht. Diese Inseln wurden im westlichen Atlantik vermutet und galten als Ort, an dem keinerlei Unbill die Bewohner behelligte,

   In der irischen Erzählung ist von „Fiddler’s Green“ die Rede, wo es niemals gefährliche Stürme gibt, der Whisky und das Bier kostenlos ausgeschenkt werden und der Kapitän die Mannschaft bedient. Auch die Fische tun ihren Teil und springen von alleine an Bord.

   Sozusagen das Paradies der in Ehren verstorbenen Seeleute.

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