Sagen & Aberglaube

Der Klabautermann

 Es heißt, wenn die Seele eines verstorbenen Kindes in einen Baum gefahren ist und dessen Holz in einem Schiff verbaut wurde, so wohnt in diesem Schiff ein Klabautermann.

  Der Klabautermann (vom niederdeutschen klabastern = poltern, lärmen) ist ein guter und hilfreicher Schiffsgeist, der meist unsichtbar ist. Nachts geht er klopfend durch das Schiff, immer auf der Suche nach faulen Planken. Hierdurch zeigt er dem Schiffszimmermann, wo es etwas zu reparieren gilt. Deshalb wird er oft mit einem Hammer in der Hand dargestellt.

   Der Klabautermann weiß alles über die Seefahrt in allen ihren Künsten und besitzt ein überragendes musikalisches Talent. Es wird ihm nachgesagt, dass er über Bord gefallene Seeleute rettet.

   Wenn der Klabautermann sich einmal zeigen sollte, dann, weil er das Schiff vor dem sicheren, baldigen Untergang verlassen wird.

 

 

Die Meerjungfrau

   Die Meerjungfrau ist ein in fast allen Kulturen zu findender Meergeist mit dem Oberkörper einer schönen (jungen) Frau und dem Unterleib eines Fisches. Sie wird oft mit einem Kamm und einem Spiegel dargestellt – beides sind mystische Symbole für sexuelle Anziehung.    Meerjungfrauen singen oft und sehr schön. Nachts bei Windstille kann man ihren Gesang durch die Bordwand hören. Es wird aber vermutet, dass die Seeleute hier die „Unterhaltung“ der Wale in der Stille hörten, und für den Gesang der Meerjungfrauen hielten.

   Den Meerjungfrauen ist gegeben, sowohl über wie auch unter Wasser atmen zu können. Da Meermänner extrem selten sind, versuchen die Meerjungfrauen, menschliche Männer zu entführen und mit ihnen eine Partnerschaft einzugehen. Daraus ergibt sich, dass die Männer vor ihnen große Angst haben, da sie sich nicht vorstellen können, unter Wasser atmen zu können und nicht zu ertrinken.

   Es wird aber immer wieder von Männern berichtet, die sich aus dem Zauber der Nixen befreien konnten und nach langer Zeit wieder zu ihren menschlichen Familien zurückkehrten. Oder war das auch wieder so eine Geschichte, um zu lange Abwesenheit zu erklären?

   Manche Meerjungfrauen begeben sich auf der Suche nach einem Mann an Land, um dort einen Partner zu finden. Da sie dort aber nicht lange überleben können, endet das oft tragisch, wie hier gezeigt:

 

 

Der Fliegende Holländer

   Der Sage nach war der Fliegende Holländer ein Geisterschiff, dessen Kapitän beim vergeblichen Versuch der Umrundung des Kaps der Guten Hoffnung geschworen hatte, dies bis zum Erfolg zu versuchen, auch wenn es bis zum Jüngsten Gericht dauern sollte.

   Er hat es bis heute nicht geschafft, und das Schiff muss, weil es keinen Hafen ansteuern kann, ruhelos über die Meere fahren, auch wenn die Mannschaft aus lebenden Leichen besteht.

   Das Schiff selbst soll unglaubliche Fähigkeiten besitzen. So soll es gegen den Sturm, bei absoluter Flaute oder auch rückwärts segeln können. Es erscheint in der Luft schwebend oder es taucht plötzlich aus den Tiefen des Meeres auf. Die Segel sind blutig rot oder erscheinen rot wie von Glut angestrahlt oder es tanzen Elmsfeuer geisterhaft um den Mast und der Rumpf ist schwarz wie die Hölle.

   Hintergrund für diese Sage könnten Luftspiegelungen wie bei einer Fata Morgana in der Wüste sein. In diesem Zusammenhang entsteht ein Phantomschiff durch die verzerrte Abbildung eines realen Schiffes in einer Luftspiegelung. Durch eine solche Luftspiegelung an einer Grenzfläche kalter und warmer Luft kann zum Beispiel das Abbild eines tatsächlich weit hinter dem Horizont befindlichen Schiffes in der Nähe erscheinen, dazu noch phantastisch verzerrt.

   Bei einem Segelschiff etwa könnten die Segel zerfetzt und die Gestalt des Schiffes in dauernder Formveränderung erscheinen. Wenn sich die Luftgrenzen verändern, kann das Phantomschiff verschwinden, sich scheinbar buchstäblich in Luft auflösen.

   Dass Luftspiegelungen besonders gehäuft auf See dort auftreten, wo kalte auf warme Meeresströmungen treffen (und damit darüber liegende kalte auf warme Luftmassen), und dass diese Bedingungen am Kap der Guten Hoffnung ideal erfüllt sind, passt in das Bild.

 

 

Albatrosse

   Da Albatrosse immer nur fliegend, niemals aber – wie Möwen – schwimmend oder an Land gesehen wurden, wurden ihnen magische Kräfte zugeschrieben. Sie schienen ja niemals zu schlafen, deshalb wurden sie als die Seelen auf See verstorbener Seeleute angesehen.

Ich bin der Albatros,
der auf dich wartet
am Ende der Welt.

Ich bin die vergessene Seele
der toten Seeleute,
die von allen Meeren kamen
und vor Kap Hoorn kreuzten.

Doch sie starben nicht
in den tobenden Wellen.
Sie reisen heute auf meinen
Schwingen in die Ewigkeit,

mit dem letzten Aufbrausen
der antarktischen Winde.

(Sara Vial, chilenische Dichterin)

 

 

Seemännischer Aberglauben

   Weil Seeleute in früherer Zeit kaum Wissen über physikalische Gesetzmäßigkeiten besaßen, erklärten sie sich deren Phänomene mit Zeichen übernatürlicher Wesen. Dies hat sich zum Teil bis in die heutige Zeit erhalten.

 

Elmsfeuer

   Das Elmsfeuer (Sankt-Elms-Feuer) ist eine bei hohen elektrischen Feldstärken in der Atmosphäre an herausragenden Objekten wie z.B. Mastspitzen auftretende elektrische Koronaentladung.   Da dieses Phänomen, oft verbunden mit einem Zischen und Knattern, als Vorbote eines herannahenden Gewittersturmes auftritt, war dies für die Seeleute ein Zeichen, das oft lähmende Todesangst auslöste.

 

Pfeifen an Bord

   war verboten, denn es würde den Sturm zu einem Wettbewerb herausfordern.

 

Frauen an Bord

   brachten immer Unglück – sei es dadurch, dass sich die Männer nicht voll auf die Arbeit konzentrieren konnten, oder dass Eifersucht im Spiel war. Das Mantra hieß: Wer nicht im Stehen über die Reling pinkeln kann, hat an Bord nichts zu suchen!

 

Haare und Fingernägel schneiden

   galt als äußerst unglückbringend. Da man dem Meer schon einen Vorgeschmack auf den Seemann gegeben hatte, würde es den Seemann ganz haben wollen und dies mit allen Mitteln zu erreichen versuchen. Dieses Vergehen wurde mit Auspeitschen bestraft, und das  dabei fließende Blut wurde den Meergöttern zur Besänftigung übergeben.

 

 

Eine Zigarette an einer Kerze anzünden

   Ein alter Aberglaube sagt, dass jedes Mal ein Seemann stirbt, wenn man sich an einer Kerzenflamme eine Zigarette anzündet.

   Der reale Hintergrund dieses Glaubens:
Wenn Seeleute während des Winters ihre Zeit zwangsweise an Land verbrachten und damit ohne Einnahmen waren, verdienten sich viele Seemänner durch den Verkauf von Streichhölzern etwas dazu.

   Wer sich also seine Zigarette an einer Kerze und nicht mit einem Streichholz anzündete, brachte einen Seemann um seinen Verdienst. Man beförderte ihn, übertrieben formuliert, an den Rand des Todes.

 

Shanties singen

   Früher wurden Shanties nur auf See gesungen – niemals an Land, denn das brachte Unglück. Ebenso wurde auf den Inhalt geachtet: Outward-bound shanties wurden nur beim Auslaufen, und Homeward-bound shanties nur auf der Heimreise gesungen. Dies änderte sich erst, als die schweren Arbeiten zuerst durch Dampf- später durch Dieselmaschinen übernommen wurden und Shanties nur noch als Folklore gesungen wurden.

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